Tai Chi Begriffserklärungen

Yang Style Tai Chi Chuan Stammbaum; Quelle Wikipedia

Tai Chi Stile
In neuerer Zeit kennt man 4 Hauptrichtungen:
Ch´en- / Wu- / Sun- und Yang-Stil
Der Yang Stil ist mit Abstand am weitesten verbreitet in der Welt.

Yang Stile
– Authentische Form mit 108 Bewegungen
Yang Cheng Fu (1883-1936) entwickelte diese Form, wie sie auch von mir unterrichtet wird. Er gilt als berühmtester Meister dieses Jahrhunderts und entwickelte die heutige Form mit den 108 Bewegungen. Erst seit dieser Zeit spricht man vom Yang-Stil. Andere Yang-Stil-Formen beruhen auf dieser Form.

– Reduzierte Form mit 64 Bewegungen
Prof. Cheng Man-Ch`ing (1900-1975), ein Schüler von Yang Cheng Fu, aber kein Meisterschüler, entwickelte eine Kurzform mit 64 Bewegungen, die er in Amerika verbreitete. Diese Form ist auch in Deutschland weit verbreitet. Unter dem in Amerika durch Cheng Man-Ch`ing ausgelösten Hype entstanden unzählige, oft sehr kommerzielle Schulen ohne tiefergreifendem Wissen. Auch andere Schüler von Yang Cheng Fu verbreiteten ihre Varianten des Yang-Stils, weshalb der Yang-Stil weltweit am häufigsten und in so vielen „öffentlichen“, vereinfachten Fassungen auftritt.

– Peking Form / reduzierte Form mit 24 Bewegungen
Die Kurzfassung des Yang-Stils wurde 1955/1956 von der Chinesischen Regierung eingeführt. Nachdem man die Vorzüge des Tai Chi in Hinblick auf die Pflege und Erhaltung von körperlicher und geistiger Gesundheit erkannte, wurde auf Anweisung des Ministeriums für Sport diese reduzierte Form zusammengestellt und in einem groß angelegtem Programm an die Sport und Gymnastiklehrer sämtlicher Sporthochschulen des Landes zur Einführung übergeben. Dies trug zu einer großen Verbreitung in China bei, führte aber auch zu einer „Verflachung“ des Tai Chi.

WAFFENFORMEN
Das Schwert ist wie der Phönix (Element Wasser), der Säbel wie der Tiger und der Langstock (Element Holz) wie der Drache.

Schwert Form
Die Schwertform entspricht der Handform und führt zu einem tieferen Verständnis der Handform. Das Schwert ist die Verlängerung des Arms. Die Richtungen in der Form werden klarer.

Schwert Fighting Form
Die Schwertform wird als Partner-Form ausgeführt, als Zusammenspiel von yin und yang.

Säbel Form
Die Säbelform ist dem Element Feuer zugeordnet und wird etwas schneller ausgeführt als die Schwertform. Da der Säbel nur eine Schneide besitzt, werden viele Anwendungen in fließend schnellen, kreisenden und drehenden Bewegungen auch über dem Kopf ausgeführt.

Säbel Fighting Form
Die Säbelform wird hier als Partner-Form ausgeführt, ein Zusammenspiel von yin und yang.

PARTNERÜBUNGEN
Push Hands
Die Partnerübung „Push Hands“ dient dazu, die Energie des Gegenübers spüren zu lernen und sie zu nutzen. Das Üben der Push Hands vertieft zugleich das Verständnis für die TaiChi Handform insgesamt.
Geübt werden vier Grundstellungen des Tai Chi Chuan Yang-Stils:
Abwehren (Peng)
Zurückrollen (Lü)
Drücken (Ji)
Stoßen (An)

Ta Lu
Ta Lu ist eine kurze stilisierte Form der Partner Push Hands und die praktische Anwendung der TaiChi-Form. Es werden Elemente aus den push hands in Angriff, Ausweichen und Gegenangriff eingeübt. Die YIN YANG Prinzipien werden dadurch leichter spürbar und verständlich. In den vorgegebenen Bewegungsabläufen wendet man das Tai Chi in unmittelbarem Kontakt mit dem Partner an, lernt die Energie spüren und das Qi zu entwickeln.

ZEHN GRUNDPRINZIPIEN DES TAI CHI CHUAN
von Yang Ch’eng Fu (1883-1936)
1. „Leer“ und beweglich sein und chin zum Scheitelpunkt lenken
2. Die Brust einziehen und den Rücken dehnen
3. Im Hüftbereich loslassen
4. „Leer“ und „fest“ unterscheiden
5. Schultern und Ellbogen senken
6. Den Geist (i) und nicht die Muskelkraft einsetzen
7. Oben und unten verbinden
8. Außen und Innen vereinen
9. Die Bewegungen ohne Unterbrechung weiterführen
10. Stille in der Bewegung suchen

Quelle: Buch von Frieder Anders, Taichi Chinas lebendige Weisheit (2011), Seiten 191-194.

Tai Chi  VERTIEFUNGSSTUFEN
Erst wenn der Ablauf der Tai Chi Form vollständig erlernt wurde, erhält man ein tieferes Verständnis für die feineren Strukturen der Form und der einzelnen Bewegungen. Es beginnt die Arbeit an den Grundlagen für eine immer klarer werdende Form über die 6 Vertiefungsstufen. Stufe für Stufe wird die Form überarbeitet und auf einer höheren Stufe korrigiert.

1. Yin Yang – Form
Die erste Vertiefungsstufe gibt der Form eine Struktur. Einer Yin Bewegung folgt immer eine Yang Bewegung. Das Prinzip von Yin und Yang ist das Grundprinzip der taostischen Philosophie. Die Bewegungen werden jeweils gleich lang ausgeführt, Yin und Yang bleiben immer in Balance. In der ersten Stufe verbindet sich die Bewegung mit dem Atem, z. B. eine Yin-Bewegung mit dem Einatmen, eine Yang-Bewegung mit dem Ausatmen.

(siehe auch: F. Anders, V. Brauner, A. Zock: Tahiti, Atemenergetik und Biomechanik, Huber, Bern 2009). 

2. Chi – Form
Die zweite Vertiefungsstufe dient dazu, über die Armspriralen die „innere“ Kraft (Qi) zu entwickeln, ohne großen Einsatz von Muskelkraft. Die Armspiralen fördern den Qi Fluss in den Energiekanälen des Körpers. Das Ziel ist „mit einer Unze tausend Unzen bewegen“, wie es in den alten Texten geschrieben steht. Die Spirale findet sich als Lebensprinzip in der Natur.

3. Zentrumsbewegung
Die dritte Stufe gewährt den Zugang zu unserem physischen und energetischen Zentrum, dem „tan tien“, unserem wichtigsten Qi Speicher. Es befindet sich 3-4 fingerbreit unterhalb des Nabels nach innen. Jede Bewegung hat aus und im Zentrum ihren Ursprung. In der „Zentrumsbewegung“ verbindet sich die Armspirale mit der Bewegung des Zentrums. Dabei richtet sich auch die Wirbelsäule endgültig auf und die Atmung wird tiefer, weil sich das Zwerchfell bei gerader Lendenwirbelsäule besser bewegen kann. Die Zentrallinie des Körpers, unser Mittelkanal, wird von den Füßen durch das Zentrum bis zum Kopf klar spürbar. Das Gewicht des Körpers sinkt mehr zur Erde, die Muskulatur entspannt sich und das Qi fließt freier und intensiver.

4. Beinspirale
Die vierte Stufe lehrt die Beinspirale. Durch die Beinspirale öffnen sich die Knie und das Qi kann bis in die Füße fließen. Der Prozess des Verwurzelns am Boden wird klar und spürbar.

5. Halsspirale
Die fünfte Stufe mit der “Hals- oder Nackenspirale” verbindet die subtile Bewegung des Nackens und Kopfes mit der Armspirale. Dann erst fließt die Energie von den Füßen durch den Körper bis zum Bai Hui, dem Himmelstor, dem höchsten energetischen Punkt auf dem Kopf.

6. Innerer Atem
Die sechste und letzte Vertiefungsstufe ist der innere Atem. Dabei handelt es sich um eine spezielle Atemtechnik unter Einsatz des Zwerchfells. Es ist die höchste Stufe im Tai Chi. Voraussetzung für das Erreichen dieser Stufe, ist das Verständnis und die gute Beherrschung der vorherigen Vertiefungsstufen. Der innere Atem erhöht die Bewusstheit und verstärkt die Wirkung der Bewegungen um ein Vielfaches.

Bilder der traditionellen Langform nach Yang Chengfu; Qelle Wikipedia